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Monatsarchiv: Juni 2014

Bedeutungsschwanger, Teil 3

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Ich war wieder einigermaßen versöhnt und wir konnten normal weiteressen. Nach dem Dinner fuhren wir in die WG, um dort noch etwas Zeit zu verbringen. Zusammen schauten wir ein paar Folgen meiner Lieblingsserie auf DVD und machten es uns in meinem Bett gemütlich. Zumindest so lange, bis das Telefon klingelte.
„Gehst du mal, ich kann grad nicht!“, brüllte Anna von irgendwoher. Ich entsprach also ihrem Wunsch und stand murrend vom Bett auf. Dann drückte ich den grünen Hörer.
„Lehmann?“
„Oh, äh, hi, Sara, Kati hier“, meldete sich eine meiner anderen Freundinnen zu Wort. „Sag mal, ist Anna grade da?“
„Die kann grad nicht ans Telefon, soll ich ihr irgendwas ausrichten?“, fragte ich sie.
„Oh, äh, nein, äh, weißt du, sag ihr einfach, dass ich angerufen hab, okay? Bye!“ Und ehe ich sie fragen konnte, wie es ihr ging und was sie heute so unternommen hatte, hatte Kati aufgelegt.
„Was sollte das denn?“, wendete ich mich verdutzt an Anna, die mittlerweile mit einem Handtuchturban um den Kopf im Türrahmen des Badezimmers stand. „Bevor ich irgendwie ein Gespräch beginnen konnte, hat sie einfach aufgelegt.“
„Wer war das denn?“
„Kati. Und ich soll dir sagen, dass sie angerufen hat.“ Ich verzog das Gesicht. „Erledigt.“
„Was, sie hat angerufen? Das ist ja unglaublich!“, quietschte Anna und hüpfte dabei so doll auf und ab, dass ihr Turban einzufallen drohte, und sie stürzte auf mich zu und umarmte mich. In diesem Moment ging die Wohnungstür auf und Aurélie kam rein. Noch während sie versuchte, ihre Tasche abzusetzen, wurde auch sie von Anna angefallen, die daraufhin juchzend in ihr Zimmer lief.
„Was ist denn mit der los?“, wunderte sich Aurélie.
„Keine Ahnung“, antwortete ich und ging zurück in mein Zimmer.

Lukas und ich blieben nicht besonders lange auf, da ich am nächsten Morgen zum Arbeiten im Studentencafé eingeteilt war. Es gibt Tage, da muss ich mich richtiggehend zur Arbeit hinschleppen. Die Sonne versteckt sich hinter Regenwolken, die ihren gesamten Inhalt auf die Erde regnen, ich fühle mich müde und krank, kann aber auch nicht einfach zu Hause bleiben. So ein Tag war das nicht. Im Gegenteil, die Sonne schien kräftig, es war Juni. Draußen liefen alle im T-Shirt rum, die Mädels trugen Röcke und Sommerkleider und es war keine einzige Wolke am Himmel zu sehen. Nur allerschönstes Blau. Das Arbeiten an sich war auch sehr angenehm, da aufgrund der Semesterferien nicht so viele Gäste kamen. Alle waren gut drauf, ich fertigte Kaffee, Latte macchiatos und Säfte an und unterhielt mich nebenbei mit den Bestellern dieser Getränke.
Irgendwann betrat auch Kati den Laden. Ich hörte sie zunächst nur, da ich mich gerade zum Schrank herunterbeugte, um eine Saftflasche herauszuholen. Als ich schließlich wieder normal stand, konnte ich sehen, dass sie sich heute wieder besonders herausgeputzt hatte. Gut, das war für Kati jetzt nicht weiter ungewöhnlich.
„Na, was möchtest du bestellen?“
„Gleich, ich muss dir unbedingt was erzählen! Ich hab heute Abend ein Date! Oh, ich hoffe so, dass es klappt.“
„Echt? Wer ist denn der Glückliche?“
„Die Glückliche!“, verbesserte mich Kati. „Wird nicht verraten!“ Sie zwinkerte mir zu.
„Wendeste dich jetzt also wieder den Frauen zu? Aber wieso willst du mir nicht erzählen, wen du triffst?“, wollte ich wissen.
„Naja, nach meiner letzten Enttäuschung will ich sichergehen, dass es diesmal auch wirklich klappt“, gab Kati zu. „Ich hätte übrigens gerne ein Mineralwasser.“
„Kriegst du.“ Ich holte ein Glas aus dem Regal. „Und, wie geht’s dir so?“, erkundigte sich Kati.
„Och, ganz gut. Ich war gestern mit Lukas essen. Da hat er mir erzählt, dass seine Band eine neue BASSISTIN hat.“
„Wieso betonst du das Wort so?“
„Es ist seine Exfreundin.“
„Ist das so schlimm?“
„Ach, ich hab keine Ahnung, ich werd einfach mal bei ‘ner Probe zugucken.“ Ich stellte Kati ihr Mineralwasser hin.
„Danke. Wie geht’s eigentlich deinen Freunden?“
„Ganz okay. Ich glaube allerdings, Anna dreht zur Zeit durch.“
„Wieso das denn?“ Kati zeigte sich auf einmal höchst alarmiert. Auf ihrem Hocker saß sie kerzengerade.
„Naja“, sagte ich, „sie hat ihren ganzen Style verändert. Sie hübscht sich auf, trägt sogar neuerdings Kontaktlinsen. Erzählt mir, dass sie Dates hat und als du gestern angerufen hast, ist sie total ausgeflippt vor Freude.“
Jetzt war es an ihr, vor Freude loszuquietschen. „Wirklich?“
„Moment mal…“ In diesem Augenblick setzte vor meinem inneren Auge eine Diashow mit Bildern der letzten Stunden ein. Anna im rosafarbenen, ärmellosen Kleid. Anna, wie sie mit dem Telefon im Zimmer verschwand. Anna, wie sie durch ihr freudiges Herumhüpfen fast ihren Handtuchturban zum Einsturz gebracht hätte. Kati am Telefon. Und eine andere Szene.
‚Ich freu mich schon so auf sie! Äh, ich meine, auf die Person.‘
Mir blieb der Mund offen stehen. „Moment mal, willst du mir etwa sagen, dass du und Anna…?“
„Na toll, jetzt hast du’s doch rausgekriegt“, murmelte Kati. Ihr Lächeln war aus ihrem Gesicht verschwunden.
„Wieso? Das ist doch toll! Ich freue mich für euch. Ich drück euch die Daumen, dass alles klappt. Sie scheint ja auch Gefühle für dich zu haben.“ Ich zwinkerte Kati zu.
„Oh, meinst du wirklich? Boah, ich hoffe so, dass das klappt. Noch so einen Komplett-Reinfall wie Hannes will ich nicht noch mal erleben. So, ich glaube, ich muss jetzt los.“ Sie bezahlte ihr Mineralwasser. „Ich treffe sie nämlich gleich noch mal – und ich wollte vorher noch zum Frisör! Bis dann, drück mir die Daumen!“
„Na klar.“
Nachdem sie mir noch einen Schmatzer auf die Wange gedrückt hatte, war sie weg.

Auf dem Weg nach Hause dachte ich über die beiden nach. Würde es mit ihnen wohl funktionieren? Ich hatte sie als ziemlich unterschiedliche Menschen kennen gelernt, aber vielleicht zog sie ja gerade das so an. Anna hatte ja noch nie eine Beziehung gehabt, aus welchem Grund auch immer. Sie hatte schon zweiundzwanzig Jahre nach dem Mann fürs Leben gesucht – aber erst mit einer Frau schien es etwas zu werden. Kati hatte ja, wie uns allen bekannt war, schon mehrere Liebesbeziehungen gehabt, und die waren nicht alle gut verlaufen. Nach dem Idioten von Hannes gönnte ich ihr eine neue Beziehung von Herzen.
Zu Hause wurde ich von Lukas empfangen, der den Tag mit ein bisschen Gitarrespielen und Fernsehen verbracht hatte. Jetzt kochte er mir zum Mittag mein Lieblingsessen – Spaghetti Napoli. Ich küsste ihn auf den Mund. „Hey, du schmeckst nach Nudelsoße.“
„Ja, das Essen ist auch schon fast fertig. Und, wie geht’s dir so? Wie hast du den Tag erlebt?“
„Oh Mann, die Welt ändert sich so schnell“, antwortete ich, noch halb in Gedanken woanders.
„Wieso, was ist denn los?“
Ich schloss die Tür. „Ich weiß jetzt, warum Anna sich in letzter Zeit so merkwürdig verhält. Sie ist verknallt. Und zwar in Kati!“
„Ja, und?“ Lukas zeigte sich nicht besonders überrascht. „Das hab ich mir schon gedacht.“
„Ja, aber Kati will auch was von ihr!“
„Das ist ja toll. Hoffen wir mal für die beiden, dass das klappt. Übrigens, der Termin für die erste Bandprobe steht fest. Wir treffen uns übermorgen im Probenraum. Willst du mitkommen?“
Schlagartig schraubte mein Herz seine Frequenz nach oben. „Oh, äh, auf jeden Fall? Sind denn… alle dabei?“
„Ja, klar. Ich bin wirklich gespannt, wie die erste Probe mit Kiki läuft.“ Er lächelte mich an.
„Ich auch“, murmelte ich.
„Was?“
„Ach, nichts. – Wann sind die Nudeln fertig?“
„Hier, ich glaube, sie sind schon fertig…“ Er hielt mir eine Nudel zum Probieren hin. Als ich mein OK gegeben hatte, goss er sie ab und in einen Teller, samt der dazugehörigen Soße. Ziemlich hungrig begann ich sofort zu essen.

Geschützt: Schon wieder Kirche

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Geschützt: Blöcke in der Uni und im Kopf

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Bedeutungsschwanger, Teil 2

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Den Nachmittag verbrachte ich damit, laut Musik zu hören. Hauptsächlich deshalb, weil mein Bruder dasselbe tat. Laute Musik war im Prinzip das Einzige, was gegen laute Musik half. Auch wenn meine Eltern das nicht einsehen wollten und es weiterhin mit Ermahnungen versuchten. Wenigstens gaben die restlichen Familienmitglieder Ruhe.
Irgendwann brüllte ich „Tschau!“ ins Zimmer meines Bruders, verabschiedete mich von allen anderen Familienmitgliedern herzlich und ging zurück zum Bahnhof. Ich war ziemlich gut drauf.
Ich wollte mich nämlich mit Lukas treffen. Das war zuletzt irgendwie untergegangen, im Uni-Stress et cetera. Jetzt hatten wir endlich frei. Aber das war nicht der einzige Grund, warum wir uns treffen wollten.
Er hatte mich vor drei Tagen aufgeregt angerufen und gesagt, es gäbe wunderbare Neuigkeiten. Und dass er mich zum Essen einladen wollte. Ich konnte mir nun überhaupt nicht vorstellen, worum es ging, aber ich freute mich auf jeden Fall auf einen schönen Abend mit meinem Freund.
Vor dem Rendezvous machte ich noch einen Zwischenstopp in der WG, um mich ein wenig aufzuhübschen. Ich wollte ja gut aussehen. Ich lief die knapp über siebzig Stufen hoch, öffnete die Tür und ließ die Tasche auf den Boden fallen. Im selben Augenblick streckte Anna den Kopf durch ihre Zimmertür. „Hi, Sara! Na, wie geht’s?“ Mir fielen sofort ihr Elan und ihre gute Laune auf, die in ihrer Stimme lagen. Dann schritt sie auch noch aus der Tür und drehte sich einmal im Kreis. „Na, wie findest du mein neues Outfit?“
Mir blieb der Mund offen stehen. „Wow, du siehst unglaublich aus!“
In der Tat konnte ich es einfach nicht glauben. Anna hatte ihr Erscheinungsbild komplett verändert. Normalerweise immer in der klassischen Sweatjacke-Jeans-Kombination gekleidet, war sie jetzt in ein rosafarbenes, ärmelloses Kleid und Ballerinas verpackt. Und das war nicht alles. Statt die Haare wie üblich in ein Haargummi nach hinten zu binden, waren sie offen. So fiel mir erst auf, wie lange Haare Anna eigentlich hatte. Sogar ihre Brille hatte sie weggelassen. Trug sie Kontaktlinsen? Jedenfalls musste Anna ihre Augen nicht zusammenkneifen, um mich zu sehen.
Wieso hatte sie sich so verändert? „Wow, du hast deinen Stil komplett verändert… was ist los?“
„Ach, ich fühle mich so glücklich, ich könnte die Welt umarmen!“, freute sich Anna und tänzelte auf dem Flurteppich herum. Das war für sie höchst ungewöhnlich. Nicht, dass sie sonst immer rumlief wie sieben Tage Regenwetter, aber explosiv gute Laune kam nun auch nicht gerade oft vor…
„Was ist denn los?“
„Ich habe gleich ein Date!“
Anna ein Date? Das war aber nun wirklich ungewöhnlich. In den fast zehn Jahren, die ich sie nun schon kannte, hatte sie sich noch kein einziges Date gehabt. Sie war nicht mal verliebt gewesen. Klar, ein bisschen verknallt schon, aber nie war es was Richtiges gewesen. Ich hatte ja auch sehr lange liebestechnisch nichts am Laufen gehabt, aber ich war ja immerhin tausend Mal verliebt gewesen…
„Ich freue mich schon so. Sehe ich eigentlich hübsch aus? Oder soll ich doch noch mal ein anderes Teil anprobieren?“
„Du siehst toll aus. Aber mit wem hast du dich denn verabredet?“
Annas Gesichtsausdruck rutschte ins Eigenartige. So zwischen geheimnisvoll und glücklich. „Ist ein Geheimnis!“, sagte sie dann auch dazu passend. „Ich will das erst sagen, wenn was draus wird.“
„Wieso? Hast du eine Affäre mit einem Politiker und keiner soll’s erfahren?“
„Nee, aber es ist eben mein Geheimnis.“ Ihr Lächeln verschwand kurz, um gleich darauf wiederzukommen. „So, ich muss gleich los, ich hoffe –“ In diesem Augenblick klingelte ihr Handy. „Ja? – Ja, ich bin’s, was gibt’s?“ Sie verschwand in ihrem Zimmer…
Wieso zur Hölle verschwand sie zum Telefonieren in ihr Zimmer? Das hatte sie doch sonst auch nicht für nötig gehalten. Was hatte das nur wieder alles zu bedeuten?
Kopfschüttelnd ging ich in mein Zimmer, zog mein kleines schwarzes Kleid mit den Pailletten drauf an und schminkte mein Gesicht ein bisschen. Gerade, als ich mein Spiegelbild ein letztes Mal betrachten wollte, flog die Tür plötzlich auf und Anna stürmte herein. „So, ich muss jetzt los. Ich freu mich schon so auf sie! Äh, ich meine, auf die Person. Bis dann!“ Drückte mir einen Schmatzer auf die Wange und verschwand genauso schnell, wie sie gekommen war.
Meine beste Freundin verhielt sich so irre wie noch nie. Ich hatte aber auch nicht mehr viel Zeit, um darüber nachzudenken, denn schon klingelte Lukas an der Haustür, um mich abzuholen.

Er hatte sich einen Anzug angezogen, worüber ich mich sehr freute. In Anzügen sah er nämlich unheimlich gut aus. Ob das der einzige Grund war, aus dem er jetzt in Schwarz und Weiß und Krawatte steckte?
Vorm Restaurant stiegen wir von seinem Roller runter. „Ist irgendwas?“, fragte Lukas. „Du siehst so konfus aus.“
„Schon gut, reden wir gleich drüber.“
Das Restaurant war ziemlich schick. Ich war fast ein bisschen eingeschüchtert.
„Wie war denn dein Tag, Sara?“, fragte Lukas mich, als wir uns auf den Stühlen niederließen.
„Ach, frag nicht.“
„Wieso, was war denn los?“
„Meine Familie spielt verrückt und Anna dreht durch vor Liebe.“
„Was haben sie denn gemacht?“
Ich trank einen Schluck Orangensaft. „Die werdenden Eltern streiten sich über jeden Scheiß zur Zeit. Sogar über so lächerliche Sachen wie die Wandfarbe fürs Kinderzimmer. Lea will Rosa, Gero ist dagegen. Und was alles noch schlimmer macht: Oma will unbedingt, dass die beiden heiraten.“ Ich sprach das Wort so aus, als hielte ich das für etwas total Schlimmes.
„Was ist denn daran so schlimm?“, fragte Lukas und zuckte mit den Achseln.
„Keine Ahnung“, antwortete ich und zuckte nun meinerseits mit den Achseln. „Die beiden sind vielleicht auch nicht so unbedingt fürs Heiraten… Aber vielleicht hätten sie sich noch dazu entschlossen, wenn Oma jetzt nicht so angekommen wäre. So waren sie natürlich dagegen. Du weißt ja, besonders Lea hasst es, wenn man ihr etwas aufzwingen will.“
„Naja, um ehrlich zu sein, hätte ich das schon erwartet bei deiner Oma“, gab er zu. „Sie kommt halt noch aus einer Generation, in der das so üblich war. Und jetzt muss ihrer Meinung nach das Kind wohl legitimiert werden.“
„Tjaja, da hast du wohl Recht“, pflichtete ich ihm bei. „Jedenfalls gab es zu Hause einen Riesenzoff. Und was alles nicht besser gemacht hat, war Pauls verspätetes Erscheinen beim Essen. Der Kleine kommt wohl grad in die Pubertät und so, jedenfalls soll so was in letzter Zeit häufiger vorkommen. Und er läuft jetzt rum wie einer dieser Unterstufengangster.“
„Buah, schrecklich!“ Lukas verzog sein Gesicht.
„Ja, das kannst du wohl sagen. Und natürlich hat er auch so ein Monsterhandy. All das hat natürlich nicht dazu beigetragen, die Stimmung zu heben.“
„Kann ich mir lebhaft vorstellen.“
Jetzt brachte uns die Kellnerin die Vorspeise. Sie schmeckte sehr gut. „Ich freue mich, dass du mich zum Essen eingeladen hast. Haben wir schon länger nicht gemacht“, sagte ich und lächelte ihn an. Er nahm meine Hand. „Ja, und es ist nicht einfach so. Ich habe tolle Neuigkeiten!“
„Echt? Welche denn?“
„Es ist so unglaublich!“
„Na, was denn? Nun erzähl schon!“, forderte ich Lukas ungeduldig und lächelnd auf.
Er schien zu zögern. Schließlich entschloss er sich aber doch dazu, es mir zu erzählen. „Erinnerst du dich noch daran, wie ich mit diesem Typen gesprochen habe, dem der Club in der Rosenstraße gehört?“
„Ja, warum?“
„Er fand uns total cool und wir werden bald regelmäßig dort auftreten! Jeden Freitagabend!“
„Wow, das ist ja toll!“ Ich freute mich für ihn.
„Und das ist noch nicht alles: Wir haben endlich einen neuen Bassisten!“
Jetzt hechtete ich so halb über den Tisch, um ihn zu drücken. Dabei hätte ich fast meinen Orangensaft umgestoßen. Lachend setzte ich mich wieder hin. „Das sind ja wirklich gute Neuigkeiten!“
„Hast du nicht Lust, zur ersten Probe vorbeizukommen? Ich bin mir sicher, du würdest dich mit ihr verstehen.“
„Mit ihr?“ Ich war verwundert.
„Ja. Es ist eine Sie.“
„Gibt ja nicht viele Frauen, die Bass spielen, oder? Wie heißt sie denn?“
„Kiki.“
Kiki, bei dem Namen klingelte irgendwas in meinem Kopf, ich konnte aber nicht genau sagen, was.
„Entschuldigst du mich bitte kurz? Ich muss eben für kleine Jungs“, sagte Lukas plötzlich. Zerstreut antwortete ich: „Jaja, geh nur.“ Dann setzte ich meine Gedanken fort…
Kiki, wieso kam mir dieser Name bekannt vor?
War es jemand, den er aus der Schule kannte? Aus der Uni? Eine Verwandte?
Lukas kam zurück und rieb sich freudig die Hände. „Du glaubst mir gar nicht, wie sehr ich mich auf die erste Probe freue! Echt super, dass ich Kiki wieder getroffen habe. Und was wir uns nicht alles zu erzählen hatten! Nach all der Zeit.“
Und da fielen mir die Tomaten von meinen Augen.
Kiki war seine Exfreundin.
Im Gegensatz zu mir hatte er vor mir schon Beziehungen gehabt, und ich wusste das. Es hatte mich im Grunde nie besonders interessiert. Aber jetzt wurde ich doch unruhig…
„Wieso hast du mir nicht gesagt, dass Kiki deine neue Bandkollegin ist?“
„Wieso sollte ich?“ Er schien unsicher.
„Wieso solltest du“, echote ich. „Vielleicht, weil es mich doch ein klein bisschen interessiert, wenn du mit deiner Exfreundin ZUSAMMENSPIELST?“
„Bitte beton das Wort nicht so!“
„Wie denn sonst?“
„Sara!“, rief er. Er ergriff meine Hand. „Bitte. Sie ist nur eine gute Freundin. Da passiert nicht. Sie hat doch selbst einen Freund. Ich würde doch nie eine andere wollen als dich!“
„Wirklich?“
„Ja, wirklich. Ich liebe dich doch, wie könnte ich da je was mit einer anderen anfangen?“