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Heftchen im Bahnhof

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Im Internet trifft man viele Menschen, mit denen man gute Gespräche führen kann. Mit einem von ihnen (hallo, Charlie! :D) habe ich mich neulich mal über diese kleinen christlichen Heftchen unterhalten, die zuhauf in Bahnhofshallen herumliegen, so auch in der meiner Heimatstadt. Die meisten entsorge ich nach dem Lesen direkt, weil die Autoren die Verkündung des Christentums mit Hass gegen Andersgläubige und -lebende verwechseln. Eins habe ich aber mitgenommen, um es hier zu verbloggisieren. Es trägt den Titel „Alarm! Okkultismus! – Hände weg von Okkultismus und Aberglauben“.

Wie bei jeder guten Abhandlung folgt zuerst eine Definition der beiden Begriffe. Dann wollen wir doch mal sehen.

Okkultismus heißt Geheimwissenschaft. Darunter sind die Lehren und Praktiken zu verstehen, die sich mit der Wahrnehmung übersinnlicher Kräfte beschäftigen […]

So manche christliche Lehren sind für mich auch geheim, sprich nicht zu verstehen. Und unter „übersinnlich“ könnte man auch das Christentum fassen, wenn man es so bedenkt…

Aberglaube ist […] eine Weltanschauung, bei der man glaubt, ohne den lebendigen Gott durchs Leben zu kommen.

Das trifft auf den Atheismus ebenfalls zu. Oh, wo wir gerade dabei sind:

Ob jung oder alt, reich oder arm, ob gesund oder krank, jeder Mensch, der glaubt, ohne Gott mit dem Leben fertig zu werden, verfällt bewusst oder unbewusst auf irgendeine Weise diesem Teufelsdienst.

Whoa, Moment mal, habt ihr gerade gesagt, dass jeder, der euren Glauben nicht teilt, in die Hölle kommt?

Das Ganze wird an einer späteren Stelle noch bekräftigt, als gesagt wird: „Wer mit seiner Not nicht bei Gott Zuflucht nimmt, sondern solche Mittel und Irrlehren zur Hilfe nimmt, der geht mit dem Teufel ein Vertrauensverhältnis ein.“ Okay, ich ruf schon mal in der Hölle an…

Außerdem wird dann noch mal eben erklärt, wer der Teufel ist. Unter anderem wird über ihn gesagt, dass er zum Bösen verführt. Mich würde ja mal interessieren, was die Autoren dieses Heftchens alles als „böse“ fassen.

Ein paar Beispiele für Okkultismus und Aberglauben werden jedenfalls genannt. Eins davon: auf Zahlen achten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Zahlensymbolik#Zahlensymbolik_in_der_Bibel

Auch Tagewählen – auf gewisse Tage, Stunden und Zeiten achten, die bestimmen, was man tut oder lässt – wird als schlecht angesehen. Ein wahrer Christ würde schließlich niemals bestimmte Tage einführen, an denen geruht oder kein Fleisch gegessen werden soll.

Oh.

Was gibt’s noch?

Meditative Praktiken. […] Diese Praktiken werden oft – als harmlose Übungen getarnt – empfohlen, haben aber die Selbsterlösung zum Ziel. Auch die Gruppendynamik ist hier einzuordnen. Durch sie wird die Manipulation der Meinung der Gruppenmitglieder erreicht.

Nebenbei wird dann noch behauptet, dass Transzendentale Meditation häufig zu Psychosen führt. Da direkt hinterher gesagt wird, der Übende wisse nicht, dass TM ein klassisches Hindu-Ritual sei, nehme ich mal an, die beiden Umstände sind für die Autoren des Heftchens gleich schlimm.

Das Autogene Training ist auch schlimm, weil man ja schließlich dabei versucht, sich selbst von Sünden zu erlösen. Und Akupunktur ist böse. Jup, ich lande so was von in der Hölle.^^

Wer wissen will, wer hinter dem Heftchen steht: Es ist der Verein „Verbreitung der Heiligen Schrift“. Wer mehr wissen will: http://www.bruederbewegung.de/gruppen/geschlossen.html

Ich muss jetzt erst mal ganz viel Rammstein hören.^^

Mit freundlichen Grüßen

Die Kitschautorin

Zum letzten Mal minderjährig, Teil 7

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Später am Tag unternahm unsere Reisegruppe mit einem dieser tollen Touri-Busse eine Stadtrundfahrt durch Paris. Wir passierten unheimlich viele Sehenswürdigkeiten, zum Beispiel die Tuilerien oder das Moulin-Rouge. Letzteres veranlasste unsere männlichen Mitreisenden natürlich dazu, Bemerkungen in rauen Mengen abzulassen. Einer, der sich besonders witzig vorkam, rief: „Das müssen wir uns unbedingt noch mal von innen ansehen!“ Einige Kumpels grölten.

Normalerweise hätte Frau Lacombe den Jungs den Kopf gewaschen, da sie auf Scherze dieser Art überhaupt nicht stand. Doch heute drehte sie sich nur um und schaute sie vorwurfsvoll an.

Wenig später fuhren sie wir an einem altehrwürdigen Gebäude vorbei, das aussah wie eine Schule. Eine sehr vornehme und angesehene Schule.

Frau Lacombe deutete mit dem rechten Arm auf das Gebäude und informierte uns: „Das ist übrigens das Collège Albert-Camus, da habe ich früher mal unterrichtet!“ Überall Bewunderung. Auch bei mir. Aber dann schlugen meine Gefühle ganz schnell in große Nachdenklichkeit um.

Meine Französischlehrerin erinnerte mich nämlich wieder mal an meine Mutter. Bestimmt wollte sie nach ihrem Studium auch so eine tolle Karriere starten. Es hatte ja zunächst auch alles darauf hingedeutet, dass es klappen würde. Sogar mit zwei Töchtern im Kindesalter hatte sie ihr Medizinstudium mit Bestnoten abschließen können. Doch dann kam Paul.

Hatte sie es ihr ganzes Leben bereut, für ihn ihre Karriere aufgegeben zu haben? War sie deswegen jetzt so verbittert?

Ach, verdammt! Da war ich hierhin gekommen, um mich von den Problemen zu Hause abzulenken und dann schaffte ich es schon wieder nicht.

Meine Entscheidung war getroffen. Ich würde mit auf die Zimmerparty gehen. Ohne Begleitperson konnte ich eh nicht raus, da ich erst siebzehn war. Und die würden heute eh alle auf der Zimmerparty sein.

„Oh Scheiße, hab ich ’nen Schädel!“, stöhnte Aurélie. „Nie wieder französischer Wein!“

Hilfe, was war denn jetzt passiert? Und warum fühlte auch ich mich einfach schrecklich? Mein Kopf fühlte sich an, als würden darin drei Millionen Ameisen eine Party feiern und mein Nacken schmerzte wie noch nie.

Ich wollte mich umdrehen, doch über mir lag irgendwas, das mich daran hinderte; außerdem kam von neben mir ein lautes Schnarchgeräusch. Jetzt öffnete ich die Augen, was mir dadurch erschwert wurde, dass irgendjemand Gewichte an meine Wimpern gehängt zu haben schien, so schwer waren meine Lider.

Ich schaute mich um und im spärlichen Licht, das durch die Fenster schien, erkannte ich neben mir – Freddy!

Oh, Scheiße!!! Was war denn nun schon wieder passiert? Wie war Freddy neben mir gelandet? Und viel wichtiger: Was hatten wir in der letzten Nacht miteinander angestellt? Hatte ich letzte Nacht überhaupt die Pille genommen?

Oh, NEIN! Am liebsten hätte ich sofort laut losgeschrien, doch ich wartete damit, bis ich ins Bad getapst war. Dann ließ ich aber einen Urschrei los, der sogar meinen Schreihals-Bruder Paul beeindruckt hätte.

Aus dem Zimmer kam Protest, der war mir in meiner augenblicklichen Situation aber ziemlich egal. Ein paar Sekunden später taumelte Lea ins Bad.

Ich ließ so ungefähr alle Flüche ab, die ich draufhatte. Das veranlasste meine Schwester, mich müde zu fragen: „Was ist denn mit dir los?“

„Das wüsste ich auch gern! Ich bin grade neben Freddy aufgewacht und habe keine Ahnung, was wir miteinander gemacht haben! Wahrscheinlich bist du in neun Monaten zum ersten Mal Tante!“

„So ein Quatsch!“, entgegnete Lea und rieb sich ihre Augen. „Ihr habt’s nicht gemacht. Du hast nur Unmengen von diesem französischen Fusel getrunken und dich dann von Freddy zu einem Spaziergang um den Block überreden lassen.“ Sie spuckte ins Waschbecken, ich hockte mich aufs Klo.

„Dann seid ihr händchenhaltend wiedergekommen“, fuhr sie fort. „Na ja, irgendwie bist du wohl sehr auf ihn abgefahren.“

„Wieso das denn?“, fragte ich schockiert.

„Keine Ahnung. Jedenfalls habt ihr beide euch dann hierhin“ – sie zeigte in die Richtung, in der mein Bett stehen musste – „verzogen und miteinander geknutscht. Und zwar, bis ihr eingeschlafen seid.“

Ich atmete erleichtert aus. Wenigstens hatten wir nicht miteinander geschlafen. Aber allein die Vorstellung, dass Freddy und ich uns geküsst hatten… Ich schüttelte mich.

In diesem Augenblick drang vom Flur eine Stimme in mein Ohr, die ich nur zu gut kannte.

„Was ist hier los?“, rief Frau Lacombe.

„Scheiße, wenn die hier reinkommt, sieht sie Freddy und dann kann ich gleich nach Hause fahren!“, rief ich panisch.

„Und was dann erst zu Hause los sein wird!“, meinte Lea nicht weniger alarmiert.

„Mach sofort die Tür zu!“, befahl ich meiner Schwester, die auch sofort den Riegel herumdrehte. Besetzt – occupé. Wir pressten unsere Ohren an die Badtür, um zu hören, was Frau Lacombe machte.

Sie betrat das Zimmer, dann war es einige Sekunden lang still.

„Que diable… Was machst du denn hier?“, war zu hören. Es folgte ein eindeutig männliches Brummen.

Oh nein, sie hatte Freddy entdeckt! Ich faltete meine Hände und betete zum Himmel. Buddha, Jesus, Spongebob, ich würde alles dafür tun, wenn…

„Sara, komm sofort da raus!“, rief Frau Lacombe auch schon.

Ach, du liebe Güte. Was würde jetzt mit mir passieren? Was solche Sachen anging, verstand meine Französischlehrerin überhaupt keinen Spaß. Und was würde wohl Herr Nowitzki dazu sagen? An meine Eltern wollte ich gar nicht erst denken. Ich vergrub meinen Kopf in meinen Ellenbogen und wünschte mich zehntausend Kilometer weit weg.

„Sortez-en tout de suite, Mademoiselle!“, fauchte sie jetzt.

Ängstlich schauten Lea und ich uns an, dann entriegelte ich die Tür.

Geschützt: Bücherorgie Teil 2

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